Die Finanzverwaltung hat mit dem BMF-Schreiben vom 14.11.2014 dem Betriebsprüfer ein komplexes Werk zur Überprüfung der Buchführung von Bilanzierenden in die Hand gegeben. Zukünftig wird der Prüfer die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen nach diesen Maßstäben prüfen. Vieles darin ist schon lange bekannt, einiges legt die Finanzverwaltung streng und zu ihren Gunsten aus. Folgen dieser Überprüfung durch den Prüfen könnten Hinzuschätzungen sein, weil der Prüfer die Aufzeichnungspflichten des Steuerpflichtigen nicht bzw. nicht ausreichend erfüllt sieht.
Steuerpflichtige, die eine Bilanz erstellen, müssen daher die hier beschriebenen Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten und die Buchführung genau beachten.
Steuerpflichtige, die eine einfache Einnahmenüberschussrechnung erstellen, müssen zumindest die blauen Textstellen inklusive des folgenden Absatzes beachten.
Steuerpflichtige die eine elektronische Kasse benutzen, müssen egal ob Bilanzierender oder Einnahmenüberschußrechner die grünen Textstellen inklusive des folgenden Absatzes zusätzlich beachten.
Allgemeine Grund-Anforderungen
Die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen und dessen Buchführung müssen
– vollständig
– nachvollziehbar,
– nachprüfbar,
– zutreffend,
– klar,
– zeitnah,
– fortlaufend und
– unveränderbar
sein!!
So bedarf es bei der elektronischen Buchführung der lückenlosen Dokumentierung eines jeden Geschäftsvorfalls. Jeder Geschäftsvorfall ist dabei ausreichend zu bezeichnen.
Es gilt der Grundsatz: Keine Buchung ohne Beleg! Dazu gehört auch die Ablage des Beleges in seiner Ursprungsform. Das heißt Papierbelege sind in Papierform aufzubewahren (auch wenn sie eingescannt wurden) und elektronisch übermittelte bzw. erzeugte Belege sind in ihrer ursprünglichen elektronischen Form aufzubewahren (notfalls auch die begleitende E-Mail)
Besondere Anforderungen an elektronische Belege
Nicht nur die Ursprungsform der elektronischen Belege ist zu archivieren auch die dazugehörigen Programme zur Öffnung der Dateien und deren Bedienungsvorschriften. Elektronische Rechnungen genügen den Vorsteuervorschriften nur, wenn sie durch ein autorisiertes Anwendungsverfahrens erstellt und versendet wurden.
Besondere Sorgfalt sollten Sie auch auf die erforderlichen Verfahrensdokumentation legen. Darin müssen Sie alle Prozesse vom Eingang der Belege bis zur Verbuchung und Aufbewahrung darstellen. Eine den Anforderungen der Finanzverwaltung entsprechende Dokumentation muss u. a. eine allgemeine Beschreibung sowie eine System- und Betriebsdokumentation der angewendeten Programme umfassen.
Diese Anforderungen betreffen nicht nur elektronisch erhaltene Rechnungen, Ihr Anwendungsbereich ist wesentlich weitreichender:
Es betrifft auch folgende Systeme, sofern sie im Betrieb Verwendung finden:
(Dies gilt auch für Einnahmenüberschußrechner, sofern sie solche Systeme auch nur teilweise verwenden)
– Warenwirtschaftssysteme,
– elektronische Waagen,
– Kassensysteme,
– Zahlungsverkehrssysteme,
– Taxameter,
– Materialwirtschaftssysteme,
– Fakturierungsprogramme,
– Zeiterfassungssysteme aller Art,
– Finanzbuchführungs-, Anlagebuchhaltungs- und Lohnbuchhaltungssysteme sowie
– Archivierungs- und Dokumentenmanagementsysteme aller Art.
Zu Systemen dieser Art zählen auch die Schnittstellen, mit denen diese Systeme miteinander verknüpft sind. Auf die Größe oder Anzahl der benutzten Systeme kommt es nicht an.
Die Finanzverwaltung will sämtliche in dem Betrieb erfassten Daten in ihre Prüfung einbeziehen, sofern diese Daten in irgendeiner Weise Kontakt zur Buchführung haben z. B. als Grundaufzeichnungen für den Lohn bzw. Kartenzahlung im Einzelhandel, Kundendaten in der Vertragsabwicklung, Kundenadressen in der PC-Kasse oder Kundenadressen für Handyverträge und Prepaid-Karten-Verkauf). In welcher Größenordnung die Finanzverwaltung tatsächlich auf solche Daten zugreifen darf, wird wohl erst durch richterliche Entscheidungen festgestellt werden können.
Der Grundsatz der Vollständigkeit
erfordert ein vollzähliges und lückenloses Aufzeichnen aller Geschäftsvorfälle. Der Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht (Geschäftspartner, Leistungsgegenstand) darf nicht unberücksichtigt bleiben. Die Aufzeichnungspflicht umfasst nicht nur die in Geld bestehenden Gegenleistungen, sondern alle für das Verständnis des Geschäftsvorfalls notwendigen Informationen. Dazu gehören beispielsweise auch der Inhalt des Geschäfts und der Name des Vertragspartners. Dabei sind sowohl branchenspezifische Mindestaufzeichnungspflichten als auch die Zumutbarkeit zu beachten. Bei großen Umsätzen mit kleinen Beträgen und unbekannten Kunden (Einzelhandel, Gaststätte usw.) besteht die Einzelaufzeichnungspflicht nur sofern das verwendete System bzw. Kasse diese ermöglicht. Diese Funktion darf auch nicht unterdrückt werden, wenn sie vorhanden ist. Für alle anderen gilt: Mindestens sind die Umsätze täglich und getrennt nach 7% bzw. 19% zu erfassen. Die Erfassung sämtlicher Umsätze versteht sich von selbst.
Alle Aufzeichnungen, die maschinell erzeugt wurden, sind maschinell und in ihrer Ursprungsform aufzubewahren. D. h., dass z. B. der Z-Bon (Tagessummenbon) einer elektronischen Kasse in ausgedruckter Form nicht ausreicht. Auch die Kasse hat alle Tagessummenbons der letzten 10 Jahre zu speichern und braucht deshalb einen entsprechend großen Speicher.
Das vom Unternehmer eingesetzte DV-System muss eine vollständige und lückenlose Erfassung und Wiedergabe aller Geschäftsvorfälle ermöglichen. Das beinhaltet Plausibilitätskontrollen sowohl inhaltlich als auch bei den Dateneingaben, die automatisierte Vergabe von Datensatznummern, Lückenanalysen bzw. Überprüfungen zur Vermeidung von Mehrfachbelegung bei Belegnummern usw. .
Der Grundsatz der Vollständigkeit erfordert gewisse Voraussetzungen organisatorischer und ggf. technischer Art. So muss beispielsweise durch geeignete Maßnahmen verhindert werden, dass ein und derselbe Geschäftsvorfall doppelt oder überhaupt nicht aufgezeichnet wird. Aus diesem Grunde darf ein eingesetztes System nicht in der Lage sein, eine Rechnung oder einen Bon auszustellen, ohne dass der Vorgang buchhalterisch erfasst und festgeschrieben wird.
Der Grundsatz der Nachvollziehbarkeit
Nachvollziehbarkeit bedeutet, die Verarbeitung der einzelnen Geschäftsvorfälle und das dabei angewandte Aufzeichnungsverfahren muss relativ einfach verfolgt werden können. Jeder (Buchungs-)Vorgang muss durch einen Beleg nachgewiesen werden können. Die Aufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle einerseits und über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens andererseits verschaffen kann.
Die Entstehung und die Abwicklung eines Geschäftsvorgangs müssen lückenlos vom Beleg zum Buchführungskonto und umgekehrt nachvollziehbar sein. Diese Verknüpfungen müssen über die 10-jährige Aufbewahrungsfrist bestehen bleiben.
Die Bilanzierenden sind verpflichtet eine Verfahrensdokumentation zu erstellen:
Dazu gehört außer der genauen Bezeichnung der Hard- und Software auch die Beschreibung des gesamten organisatorischen Prozeßes (z. B. durch ein Organigram) des Werdeganges der Belege und Aufzeichnungen durch den Betrieb und die Vermittlung der Funktion und Berechtigungen der damit befassten Mitarbeiter. Sie besteht aus einer allgemeinen Beschreibung, einer Anwenderdokumentation, einer technischen Systemdokumentation und einer Betriebsdokumentation, jeweils zum genutzten Versions- und Update-Stand der elektronischen Systeme.
Der Grundsatz der Zeitnähe
Die Erfassung der Geschäftsvorfälle hat in einem zeitlichen Zusammenhang zum Geschäftsvorfall und zeitlich chronologisch zu erfolgen. Es ist eine geordnete und übersichtliche Belegablage erforderlich. Nicht statthaft ist, dass Geschäftsvorfälle längere Zeit offengehalten werden und sich dadurch Möglichkeiten eröffnen, den betreffenden Geschäftsvorfall später anders darzustellen. Sofern die Aufzeichnungen in zeitlichen Abständen erfolgen, muss der Unternehmer Maßnahmen zur Sicherung der Vollständigkeit ergreifen.
Achtung
Kassenbewegungen müssen grundsätzlich täglich aufgezeichnet werden
Folgender verfügbarer Zeitrahmen ist zu beachten:
– Unbare Geschäftsvorfälle sollen innerhalb von 10 Tagen erfasst werden. Der Zeitrahmen verlängert sich bis zum Ablauf des folgenden Monats, wenn entsprechende Vorkehrungen getroffen wurden und die Belege und Aufzeichnungen so erfasst bzw. abgelegt werden, dass kein Beleg bzw. Aufzeichnung verloren gehen kann. Das kann beispielsweise durch laufende Nummerierungen der ein- und ausgehenden Rechnungen, durch elektronische Grundaufzeichnungen in einem Kassensystem, Warenwirtschaftssystem oder Fakturierungsprogramm oder ein Rechnungsein- bzw. ausgangsbuch erfolgen.
– Bei baren Geschäftsvorfällen ist eine tägliche Erfassung unumgänglich. Sofern keine Kasse vorhanden ist, ist auch der Vermerk auf dem entsprechenden Beleg möglich.
Der Grundsatz der Unveränderbarkeit
Aufgezeichnete Geschäftsvorfälle dürfen nicht derart verändert werden können, dass deren ursprünglicher Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Die Buchungen dürfen nicht so veränderbar sein, dass es ungewiss ist, wann die Buchung tatsächlich vorgenommen worden ist. Änderungen elektronischer Buchungen müssen zwingend protokolliert werden. Elektronische Belege dürfen ebenfalls nicht ohne Protokollierung verändert werden können. In beiden Fällen muss die ursprüngliche Ausfertigung als geänderter Vorgang klar und eindeutig sichtbar sein. Ferner muss erkennbar sein, wie der Vorgang geändert worden ist. Auch notwendige Änderungen von Stammdaten müssen so protokolliert werden, dass diese sich nachvollziehen lassen. Zudem sind Änderungen im elektronischen Verfahren immer zwingend zu dokumentieren. Hierbei sind beispielsweise Verarbeitungsprotokolle und Verfahrensdokumentationen hilfreich.
Kassensysteme, die diesen Anforderungen nicht genügen, führen in einer Betriebsprüfung sofort zu Hinzuschätzungen!!
– Ergänzende Hinweise zu Kassensystemen und Kassenbuch
Soweit bilanzierungspflichtige bzw. bargeldintensive Betriebe (etwa Kioske oder Gaststätten) elektronische Registrierkassen nutzen, müssen die mit diesen Kassen erfassten Einnahmen und Ausgaben 10 Jahre lang aufbewahrt werden.
Die Datenerfassung auf mitgeführten Papierrollen erfüllt nicht mehr die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Kassenführung.
In Zukunft muss eine Kasse daher genug Speicherkapazität aufweisen, um der Speicherung von zehn Jahren gerecht zu werden.
Die Tagesendsummenbons (sog. Z-Bons) müssen aufbewahrt werden, und zwar vollständig. Sie sind fortlaufend zu nummerieren und es dürfen keine Bons fehlen.
Folgende Daten muss ein Z-Bon festhalten:
– Unternehmensname,
– Zeitangabe des Abrufs,
– Datum,
– Tagessumme,
– Kundenkennzahl,
– Bar- oder Kreditkartenzahlung,
– Stornierungen,
– Retouren,
– Tagesabschlussauswertungen.
Für jede Kasse ist auch die betreffende Bedienungsanleitung aufzubewahren. Diese geben über die technischen Voraussetzungen der Datenerfassung und deren Möglichkeiten der Änderung Auskunft. Die Aufbewahrungspflicht gilt auch für Handbücher und Wartungsprotokolle sowie Programmieranleitungen.
Bei einem Kassenbuch ist es erforderlich, alle Bargeldbewegungen zeitnah und vollständig zu erfassen. Es muss dann auch alles, was bar eingenommen oder ausgegeben wird, im Kassenbuch stehen. Unverzichtbar sind folgende Angaben: Bareinnahmen, Barausgaben, Privatentnahmen, Privateinlagen, Abhebungen vom Bankkonto zur Einlage in die Kasse und Entnahmen zwecks Einzahlung bei der Bank. Da das Kassenbuch alle Bargeldbewegungen eines Betriebs beinhaltet, müssen die Zahlungsein- und -ausgänge einzeln in ihrer zeitlichen Reihenfolge zeitnah (i.?d.?R. täglich) ins Kassenbuch eingetragen werden.
Grundsätzlich gilt, dass Eintragungen im Kassenbuch nicht geändert werden dürfen. Fehler, die unterlaufen sind, müssen allerdings im Kassenbuch korrigiert werden. Wichtig ist, dass die ursprüngliche Eintragung lesbar bleiben muss. Wenn Daten geändert werden, dann sollte das Datum der Änderung vermerkt werden.
Sie dürfen Ihre Eintragungen im Kassenbuch also nicht überschreiben, durchstreichen, überkleben, auslöschen, radieren, mit Tipp-Ex übermalen. Außerdem müssen Sie einen Stift verwenden, bei dem der Text nicht spurlos beseitigt oder geändert werden kann, d.h., Sie dürfen einen Kugelschreiber verwenden, einen Bleistift jedoch nicht. Sie müssen das Kassenbuch in lesbarer Form über 10 Jahre aufbewahren.
Wir weisen in diesem Zusammenhang nochmals auf die Umstellungsfrist Ihrer Kasse zum 1.1.2017 hin!
Aufgrund der Allgemeingültigkeit und Unverbindlichkeit der Informationen ist jede Haftung für deren Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit ausgeschlossen.
Verbindliche Aussagen können deshalb nur auf konkrete Anfragen abgegeben werden. Bei Fragen wenden Sie sich an Ihren Steuerberater!
Cornelia Boerner
Mühlenstr. 34
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